Euphelia fühlt sich seit Wochen wie auf einem Jahrmarkt. Sie sitzt in Connys Gedankenkarussell, fest angeschnallt. Jedes Mal, wenn sie aussteigen will, geht es in rasender Fahrt weiter. Mal in einer Achterbahn, mal in einem rasselnden Kettenkarussell, doch meistens auf einer einfarbigen tristen Gondel in einem Riesenrad. Immer, wenn sie am höchsten Punkt den Ausweg für sich und damit das Ende von Connys Gedankenlabyrinth entdeckt, geht es schon wieder bergab. Nie nach vorne oder nach hinten, immer rundherum. Kein Aussteigen möglich. Fahrt beginnt von vorne. Auf der gleichen Strecke. „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Doch heute ist Euphelia an einem Tiefpunkt einfach ohne nachzudenken abgesprungen. Kein Zögern, kein Zaudern. Mut? Oder war ihr einfach nur schlecht? Egal. Manchmal ist es eben egal, warum etwas getan wird. Kein Zögern, kein Zaudern, einfach machen. Mit Abstand um die Ecke gucken. Den kalten Wind im Gesicht spüren. Tief Luft holen. Rücken gerade. Euphelia fleht Conny förmlich an. Bitte, Conny, tief Luft holen, Kopf hoch, Rücken gerade, Spiegelbild anlächeln. Bitte!!!! Und da, Euphelia kann es kaum fassen. Ganz zaghaft, wie aus einem langen Traum erwachend, schaut Conny sie an. Lächelt. Hebt den Kopf mit dem Blick weit über die Hügel in die Ferne gerichtet. Das Karussell hält an. Und, und, und …Euphelia ist ganz aufgeregt. Sie atmet einen großen Schlürf Tinte, steht in ihrem silbernen Füßlein angespannt und bereit für das erste Wort. Da hebt sich auch der Schleier vor Connys Augen. Euphelia denkt kurz an Ronja, die Räubertochter. Käme jetzt von Conny der Frühlingsschrei aus vollem Halse, es würde sie nicht wundern. Doch es kommt ein ganz, ganz tiefer Seufzer von so weit innen her. Tränen fließen über ihr Lächeln, kaum zu stoppen.
Und da ist es endlich in bunten wunderschönen Farben, strahlend hell: Das Bild der Zielgeraden in Conny drinnen vor ihrem inneren Auge. Heute hört Conny keine Nachrichten mehr, sie konzentriert sich auf dieses Gemälde. Seit Wochen sah sie kein klares Bild vor sich für die nahe und ferne Zukunft. Ausstellung der Visionen geschlossen. Doch heute ist ein MuseumsTag. Euphelia strahlt. Noch ist es zwar nicht das klare Bild nach dem SchlüsselTag. Kein Wunder, denn Termin und notwendige Maßnahmen sind komplett unbekannt. Doch das Bild einer langen breiten Straße, geradeaus, bunt gesäumt am Wegesrand sieht sie deutlich vor sich. Heute will sich Conny nicht umblicken nach hinten auf den gewundenen, holperigen, steinigen Pfad, der in den letzten Monaten hinter ihr liegt. Sie heftet den Blick auf die Zielgerade, als bedeute es ihr Leben – und ein bißchen ist es ja auch so. Noch sind keine Schilder für die Abzweigungen, für die Etappenziele zu erkennen. Doch mit dem ersten aktiven Schritt auf dieser zauberhaften Allee wird sie ein Ziel nach dem anderen entdecken. In diesem Moment fällt ihr die schöne Pflasterung des Weges auf. Es ist ein leuchtend gelber Steinweg. Conny setzt sich zu Euphelia an den Tisch. Beide sind bereit.
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