Euphelia hört es schon an ihrem Gang, sieht es in ihrem Blick, spürt es, als könne sie ihren Gedanken lauschen. Conny ist wieder an Bord.
Vielleicht waren es die letzten beiden Wochen. Allein zu viert haben sie Stunden, Feste und ein Zuhause erlebt, wie noch niemals zuvor. Wohl auch nie wieder. Da gab es entsprechend der Bestimmungen einen kurzen liebevollen Besuch in Stralsund bei der großen Tochter und den Eltern, doch ansonsten waren es vierzehn Tage zu viert mit Gesprächen, Spielen, Kochen, Lesen und Lachen.
Vielleicht brauchte Conny diese Zeit und auch die dunklen Wochen davor, um ihren Weg wieder vor sich zu sehen, um ihre Landkarte zu navigieren und sich auf Kurs zu bringen, um Bilder zu sehen und diesen Farbe zu geben. Sie erkannte, daß es besser war, leeren Raum in sich zu lassen, sich eine Weile ganz in sich zurückzuziehen, statt leere Räume mit Falschem zu füllen. Es begann mit einem Rückblick. Doch bald merkte Conny, daß der Blick auf Möglichkeiten ebenso wichtig ist, wie der auf Erreichtes. Diese Möglichkeiten mußten in ihrem Herzen und Verstand wachsen. Täglich suchte sie nach einem Ausweg aus diesem neuen Alltag, dem sie sich nicht ergeben wollte. Geht nicht, gibt‘s nicht, so kennt sie jeder. Doch diesmal lag es nicht in ihrer Macht, einen Tunnel zu graben.
Plötzlich, bei einem Tischtennisturnier zu viert, mitten in einem Lachanfall, entdeckte Conny die Tür. Sie spürte die sportliche Bewegung, nahm bewußt wahr, wie gut Körper und Geist funktionieren, wie das Lachen durch den Bauch sprudelt und sah die Tür. Es bedurfte gar keines Tunnels. Es war ganz einfach. Dem Alltag kann sie nicht entfliehen, doch sie kann jeden Tag etwas tun, was diesen Tag weniger alltäglich sein läßt. Sie muß den Blick auf das richten, was sie hat und nicht auf das Fehlende. Conny achtet endlich wieder auf die Qualität ihrer Gedanken. Denn die Art und Weise, wie wir denken, formt unsere Worte und unser Handeln. Nach Wochen des Rückblicks wird Conny nun die Möglichkeiten ausloten und auf Gelegenheiten schauen, um ihre neuen Bilder in Farbe zum Leben zu erwecken. Conny hat das große Glück den Ort gefunden zu haben, der zu ihr paßt, ihrem Leben den erfüllenden Sinn gibt. Nun muß sie lediglich wieder lernen, bewußt die kleinen Wunder der kleinen Momente zu erkennen. Insofern war vielleicht das letzte Jahr der Beginn eines neuen Abschnittes in ihrem Leben. Er gab ihr den Anstoß, vieles loszulassen, zu vergeben, sich die Ruhe für sich selbst zu nehmen, Erkenntnisse reifen zu lassen und gab ihrer Seele Freiraum, damit neue vielfarbige Visionen entstehen konnten. Ihre Familie, ihre Gutshotelfamilie und ihre Gäste haben sie dabei voller Verständnis, voller Großmut und Vertrauen begleitet. Conny spürt tiefe Dankbarkeit dafür und gleichzeitig eine neue große Kraft in sich, verbunden mit der Ruhe, mit sich selbst im Reinen zu sein.
Noch weiß niemand, wie die nächsten Wochen verlaufen werden. Doch Conny wird vorbereitet sein, wenn der Schlüssel wieder alle Türen im Gutshotel öffnen darf. Sie hat das Jahr 2021 benannt als das Groß Breesener Jahr der Improvisation. Und genau diese Stärke wird sie in diesem Jahr ins Spiel bringen, wie den Schmetterball beim Tischtennis. Conny hat sich Kraft geholt beim Film „The greatest Showman“, bei den vielen Gesprächen mit ihren drei Kindern und ihren Eltern, bei dem innigen Zusammenhalt mit ihrem Groten. Nun scharrt sie mit der Hufe und schmeißt sich ins Rennen.
Heute fuhr das Auto mit den beiden „Kindern“ vom Hof. Maxi bringt den Bruder zurück nach Mannheim, damit sie das auf dem Herweg begonnene Hörbuch (Tribute von Panem) beenden können. Beim Einsteigen, schon ein Bein im Auto, mit einem liebevollen Blick auf uns und seine Schwester, sagte Charly „Paßt auf unser Zuhause auf!“
Besser kann man den Auftrag an uns nicht formulieren. Ja, diesen Auftrag nehmen wir an und erfüllen ihn für alle, die diesen zauberhaften Ort als ein kleines und großes Zuhause betrachten.
Versprochen aus tiefstem Herzen!
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