Euphelia verhält sich ganz still. Bloß keine ungestüme Bewegung. So geht das schon Tage lang, wohl schon den ganzen November, scheint es ihr. Voller Erwartung sind alle beide gleichermaßen. Zunächst dachte Euphelia, es liegt am grauen November, obwohl Conny ihn doch so sehr liebt, diesen Monat zwischen den Jahreszeiten, so still, dunkel, gemütlich, voller Kerzenschein und tanzender Laubblätter. Euphelia wechselte extra ihre Lieblingstinte mondstaubviolett aus gegen helles leuchtendes Bernstein. Neben ihr steht jetzt das Fässchen „Ambre de Birmanie“. Wenn es doch nun bloß aus ihrem Tank auf das Papier vor ihr fließen dürfte. Doch wie jeden Tag übt sich Conny mit ihr im Mikado. Wer sich als erstes bewegt, hat verloren. Conny sitzt rücklings auf dem Stuhl an Euphelias Schreibtisch, Arme auf der Rückenlehne verschränkt. Beide tun nichts. Beide starren sich an. Euphelia angespannt, Conny total gedankenverloren. Conny schaut Euphelia an. Stundenlang. Euphelia schaut Conny an. Stundenlang. Conny bewegt sich nicht, weil die Gefahr so groß ist, daß der Sack voller Wörter, die sie seit Tagen wie Herbstlaub eingesammelt hat, einfach auskippen könnte. Der leiseste Windhauch würde diese kostbare Sammlung aus dem magischen Moment heraustragen. Euphelia rührt sich keinen Millimeter, damit sie nicht diejenige ist, die unbedacht den Sturm im Wörtersack entfacht. Und damit ihr Tank dichthält. Manchmal zuckt Connys rechte Hand ein ganz klein wenig. Dann ruckelt Euphelias Fuß ein ganz klein wenig.
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